„Voglwuide Zeiten“ im bayerischen Wald!


Der „Voglwuide Sepp“ – Bayerns längste Achterbahn – nimmt Fahrt auf

 

Am 13. Mai 2016 fiel der Startschuss für Bayerns längste Achterbahn – dem „Voglwuid´n Sepp“. Mit einer Länge von 760 Metern windet sich der „Sepp“ über Hügel, Täler und über die bereits vorhandenen beiden Rodelbahnen „Bob-Bahn“ und „Bayerwald-Coaster“ des Rodel- und Freizeitparadieses in St. Englmar im bayerischen Wald (siehe auch Extrabericht!).

60 Kilometer pro Stunde schnell und 27 Meter hoch

Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 60 Stundenkilometern und einem maximalen Höhenunterschied von 27 Metern zählt der „Sepp“ zwar nicht zu den schnellsten und höchsten Bahnen Deutschlands, was die Achterbahn jedoch nicht minder interessant macht – im Gegenteil! Der Coaster hat nämlich was viele Bahnen nicht aufweisen können – wie z. B. 3 aufeinanderfolgende Liftelemente (einmal mit Reibradantrieb und 2 mal mit Ketten) und die erste Abfahrt führt tief ins Erdreich des Egidi-Buckels – so der Name des Geländes.

Der „Schlitten-Coaster“ ist eine Achterbahn für die ganze Familie, denn bereits Kinder ab 4 Jahren können diesen Ride benutzen. Der „Voglwuide Sepp“ war kein leichtes Unterfangen, denn er musste in das bereits bestehende und sehr knappe Gelände konstruiert werden auf dem die bereits bestehenden und erwähnten Rodelbahnen verlaufen. Auch ist das Gelände auf einem Hang wodurch der „Sepp“ zwar meist in Bodennähe fährt, jedoch aufgrund der Schräglage des Hanges einen Gesamthöhenunterschied von 27 Metern absolvieren muss! Zielgruppe der Achterbahn sind hauptsächlich Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene ist der Coaster bestens geeignet da er ohne Loopings auskommt.

Coaster-Abfahrt

Nach dem Einstieg im eigens erstellten wunderbar angepassten Bahnhofsbereich in einem der 3 Züge mit 5 Fahrzeugen erklimmt der „Seppi“ (nachdem Sepp´s Frau im Bahnhofsbereich zu einer „Schimpfparade“ ansetzt – hierbei handelt es sich um einen lustigen Monolog in 5 verschiedenen Versionen von „Sepps“ Ehefrau, der „Resi“, die man mit einer Animatronic-Figur im Wartebereich umgesetzt hat – einen Monolog finden sie am Ende des Berichtes) mittels eines Reibradaufzuges über die beiden Rodelbahnen hinweg den ersten Hügel in Richtung des ersten Kettenaufzuges. Mittels dieses Liftes wird der Zug auf ca. 15 Meter Höhe über dem Niveau der Bahnhofsschiene gebracht, wo er dann in etwa auf Höhe der Rutschbahnstation ausklinkt und nach einer kurzen Absturzfahrt vom zweiten Lift aufgenommen wird. Über dieses erreicht der „Sepp“ dann mit seinen Fahrgästen mit ca. 27 Metern den höchsten Punkt der Anlage bevor er kurz im Berg des Egidi-Buckels verschwindet und wie „verschluckt“ scheint, jedoch Sekunden danach wieder auf dem Gelände auftaucht. Nun durchfährt er mittels seiner kinetischen Energie etliche Kreisel, Airtime – Hügel und -bereiche, langgezogene Kurven und kreuzt dabei immer wieder die bereits bestehenden Bahnen bevor er sicher nach dem Passieren der Sicherheits- und Reduzierbremse wieder im Bahnhofsbereich ankommt.

 

 

Passende Thematisierung und Zierer als Hersteller

Da die Familie Bindl der Anlage eine Eigenständigkeit verleihen wollte musste also eine passende Thematisierung gefunden werden. Nach langen Überlegungen kam durch Erzählungen eines befreundeten Kollegen aus dem Europa Park dann auf die Idee der Figur des „Sepp“ welcher mit seinen Schlitten Holz aus dem Wald ins Tal bringt. So entstand dann langsam die Figur des „Sepps“.

Auf der Suche nach einem geeigneten Hersteller der nun alle  Ideen und das bestehende Parkgelände miteinbeziehen konnte kam man auf die weltweit bekannte Karussell- und Spezialmaschinenbau – Firma Zierer im niederbayerischen Deggendorf. Dies war vielleicht auch zusätzlich einer der Gründe, weil Parkbetreiber und Geschäftsführer Franz Bindl früher selbst 13 Jahre bei Zierer tätig war, diese Firma aber auch sehr speziell auf seine Kundenwünsche reagiert hat und andere Hersteller nicht das „Optimum“ aus dem vorhandenen Gelände, bzw. dem gewünschten Konzept ziehen konnten.

Und so entstand nun der „Sepp“ der „voglwuid“ seine Holzstämme, pardon – neuzeitlich jetzt Fahrgäste – ins Tal transportiert. Die Thematik der Züge bestehen aus historisch-bayerischen Hornschlitten (Startwagen oder Zug mit á 2 Personen) und nachfolgend 4 angehängten Wagen á 2 Personen womit man auf eine Gesamtkapazität von 10 Personen pro Fahrt kommt. Auf jedem Holzschlitten sitzt vorne die Figur des „Sepp´s“ der quasi als Steuermann fungiert und dem trotz der rasanten Fahrt immer die bayerische Herzlichkeit ins Gesicht geschrieben steht.

Größte Einzelinvestition der Familiengeschichte

Franz Bindl überlegte lange ob er dieses „Wagnis“ eingehen sollte, sprach oft mit seiner Frau bis die dann schließlich meinte er sollte nicht „lange rumreden“ sondern „einfach endlich machen“ und „Entscheidungsfreudiger“ sein! Am 8. April 2015 war sich die Franz Bindl dann mit der Herstellerfirma Zierer einig (Franz Bindl vergaß am Tag der Vertragsunterzeichnung zu Hause seine Brille und musste sich unterwegs eine Ersatzbrille beschaffen – so aufgeregt war er), unterzeichnete den Kaufvertag (unter Schweißperlen wie er uns berichtete) und investierte somit die größte Einzelsumme in ihr Rodel- und Freizeitparadies am Egidi-Buckel in St. Englmar welches er seit nun mehr 5 Jahren eigenständig führt (das Rodel- und Freizeitparadies gibt es seit 1998 – damals jedoch noch mit 2 weiteren Partnern). Insgesamt liegt der „Voglwuide Sepp“ wohl aktuell bei rund 3,5 Millionen Investitionssumme, wobei die Familie Bindl sehr viel selbst „Hand angelegt“ und auch viel in Eigenleistung produziert hat. So baute und gestaltete man z. B. auch den kompletten Bahnhofsbereich selbst und es entstand eine tolle Holzkonstruktion die sehr einladend und komplex ist, da nicht nur der Wartebereich mit inbegriffen ist, sondern auch die Ausweichschiene, die Abstellgleise für die 3 Züge sowie der komplette Schaltraum dort integriert sind. Ebenso wurden von der Familie in Eigenleistung mit Hilfe eines befreundeten Poliers die Vermessungsarbeiten, die Erdbewegung, Betonfundamente und sämtliche Arbeiten mit dem Vergussmörtel durchgeführt. Ferner folgten noch die Verlegung von Lehrrohren, Publikumsabgrenzungszäune, Beleuchtung, zahlreiche Arbeiten um und am Bahnhof selbst, Zulegung von elektrischen Leitungen und vielem mehr. Ein wahrer Kraftakt für die Familie Bindl die auch in den Wintermonaten jede Gelegenheit nutzte um am „Sepp“ weiterzukommen auch wenn sie oft der „Mut“ verloren hat wie uns Franz Bindl in einem Gespräch mitteilte.

Umso mehr Respekt darf man der Familie für dieses riesige finanzielle Unterfangen zollen und die Kraft und den Elan den man in dieses Einzelprojekt gesteckt hat. Hut ab vor solchen mittelständischen Unternehmen die auch in der heutigen, schwierigen Zeit noch so ein Wagnis eingehen.

Einweihung

Am 13. Mai 2016 war dann der langersehnte Startschuss für den „Sepp“ und es fand eine große Einweihungsfeier statt zu der auch der Schirmherr und Landtagsabgeordnete Josef „Sepp“ (also der ideale Pate für die Bahn) Zellmeier sowie der Landrat des Landkreises Straubing-Bogen, Josef Laumer eingeladen war. Feierlich wurde dann nach etlichen Ansprachen vorher im Festzelt der „voglwuide Sepp“ im Bahnhofsbereich durch Pfarrer Pater Simeon geweiht und anschließend folgten dann die ersten „voglwuiden“ Fahrten mit den Ehrengästen.

An dieser Stelle wünschen wir der Familie Bindl alles erdenklich Gute, viel Erfolg und Spaß mit der neuen Bahn und dem Sepp „voglwuide“, aber stets unfallfreie Fahrten!

Daten der Bahn

Spezifikationen: Länge 755 Meter, Lifthöhen 15 und 27 Meter, 3 Züge mit je 5 Fahrzeugen á 2 Personen ergibt somit 600 Personen pro Stunde bei einer Taktung von 60 Sekunden, Einzelbügelverriegelung mit ergonomisch geschäumten Sitzeinheiten, Gesamtgewicht der Anlage: rund 200 Tonnen, 230 Einzelfundamente mussten gegossen werden, 1700 Ankerstangen wurden einbetoniert und 10.000 Kubikmeter Erdreich wurden bewegt.

Technische Daten:

2-Gurt-Rohrschiene

max. Querneigung 69°

max. Längsneigung 28°

Maße ca. 152 Meter x 106 Meter

Reibradantriebe Frequenzumrichter gesteuert

Magnetbremsen

installierte Leistung 170 KW

Steuerung von Siemens (fehlerfrei).

 

Text: Thomas Schmid, Fotos: Thomas Schmid/Rodel- und Freizeitparadies St. Englmar, DataShape – Online & Print-Werbung